Selbstfürsorge – Liebe dich selbst!

Der wichtige Faktor für Gesundheit und Resilienz

Autor: Reinhard Kotter | Verfasst 07.08.2025 | Kommentare: 0 | Lesezeit: 5–7 Min

Warum Selbstfürsorge unverzichtbar ist

Frau in entspannter Pose (Foto: efes, Pixabay)

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft vergessen wir oft das Naheliegendste: uns selbst. Termine, Erwartungen, Pflichten und Ziele bestimmen den Alltag – und während wir funktionieren, geraten unsere eigenen Bedürfnisse leicht aus dem Blick. Dabei ist es eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein erfülltes und gesundes Leben, gut für sich selbst zu sorgen.
Aus übergeordneter systemischer Sicht sind diejenigen, die viel mehr geben, als sie nehmen, keine „besseren“ Menschen. Denn letztlich stören sie die soziale Balance genauso wie jene, die zu viel nehmen. Systeme funktionieren am besten, wenn sie im Gleichgewicht sind.

Dafür haben wir in unserem Innersten einen Persönlichkeitsanteil, dessen Aufgabe es ist, für unser eigenes Wohl zu sorgen und zu verhindern, dass wir uns selbst schaden, indem wir uns zu wenig gönnen oder uns verausgaben. Dieser Anteil sollte genauso stark sein wie die anderen Teile im „Inneren Team“, die unser Verhalten steuern. Die Funktion dieses Anteils lässt sich so trainieren, dass wir mit uns selbst zufrieden sein können.

👉 Selbstfürsorge bedeutet nicht Egoismus oder Selbstverliebtheit. Es heißt, sich selbst mit derselben Fürsorge, Achtsamkeit und Wertschätzung zu begegnen, die wir anderen Menschen selbstverständlich entgegenbringen.


Fehlt Selbstfürsorge, folgt Überforderung und innere Unruhe

Wer seine Gefühle ernst nimmt, Wünsche respektiert und Bedürfnisse achtet, schützt sich wirksam vor Stress, Erschöpfung und Überforderung. Innere Unruhe, ein Gefühl von Unzufriedenheit mit sich selbst – das sind Symptome, die auf mangelnde Achtsamkeit für sich selbst hinweisen.
Phasen der Entspannung, des Loslassens und des Genießens sind keine Zeitverschwendung, sondern essenziell, um neue Kraft zu schöpfen und psychisch im Gleichgewicht zu bleiben.
Studien zeigen: Selbstliebe, Selbstwertschätzung und ein achtsamer Umgang mit den eigenen Kräften sind entscheidende Faktoren für Resilienz und ganzheitliche Gesundheit – mental wie körperlich.


Missachtung der eigenen Bedürfnisse

Sozial engagierte Menschen und sogenannte High Performer neigen besonders zur Selbstausbeutung. Sie wollen helfen, wirken oder Großes erreichen – und übersehen dabei oft, wie es ihnen selbst geht. Der Fokus liegt stärker auf äußeren Zielen als auf innerem Gleichgewicht.
Diese Haltung kann langfristig zu anhaltender Müdigkeit, Kraftlosigkeit und fehlendem Antrieb und schließlich zum Erschöpfungssyndrom oder Burnout führen.

Reflexionsfragen:
  • Geht es mir mit dieser Entscheidung wirklich gut?
  • Was tue ich für mich – was für andere, stimmt die Balance?
  • Habe ich berücksichtigt, welche Anforderungen wie viel Energie kosten – reichen meine Kräfte?
  • Was brauche ich gerade für mein Wohlbefinden – körperlich, emotional, mental?

„Schweinehund“ vs. Antreiber – ein neues Verständnis

Hund im Schweinekostüm (AI-Illustration, RKaigen)

Wenn wir keine Lust auf eine Aufgabe haben oder uns überfordert fühlen, kleben schnell Etiketten wie „faul“, „träge“ oder „verantwortungslos“. Unser fürsorglicher Anteil, der uns manchmal bremst, wird dann als „innerer Schweinehund“ abgewertet, den es zu überwinden gilt.
Doch diese Bewertung wird ihm nicht gerecht. Dieser Anteil will uns nicht sabotieren, sondern schützen.
Im inneren System stehen ihm häufig andere Anteile wie der Antreiber, der Perfektionist oder der Kritiker gegenüber.
Die innere Auseinandersetzung geht dann um Die Frage, wie und wofür die vorhandene Kraft eingesetzt wird.
Coaching-Ziel ist, diese Stimmen in Einklang zu bringen, damit sie gemeinsam entscheiden können, was in der Situation angemessen ist. Selbstfürsorge ist eine natürliche und lebenswichtige Funktion – und hat nichts mit Egoismus, Hedonismus oder Narzissmus zu tun.


Selbstliebe & soziale Kompetenz

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ wird oft nur halb gelebt. Viele kümmern sich aufopferungsvoll um andere – und vergessen sich selbst. Doch nur wer sich selbst liebt und gut für sich sorgt, kann langfristig kraftvoll für andere da sein. Jemanden zu lieben heißt, ihn oder sie im Fokus zu haben – und das gilt auch für die Selbstliebe. Darauf zu schauen, wie es mir selbst geht, was ich gerade brauche, was mir besondere Freude macht – das müssen manche Klient:innen regelrecht trainieren; ihr Blick schweift ständig ab – auf andere!
Schuldgefühle oder Glaubenssätze wie „Ich bin nicht wichtig“ sind weit verbreitet. Solche Überzeugungen limitieren, schwächen die soziale Stellung und die Handlungsfähigkeit.


Coaching mit inneren Anteilen: Selbstfürsorge bewusst stärken

Ein zentraler Bestandteil vieler Coachingprozesse ist die Arbeit mit unseren inneren Anteilen – den unterschiedlichen „Stimmen“ oder Persönlichkeitsaspekten, die in uns wirken. Jeder Anteil verfolgt bestimmte Ziele, hat eigene Bedürfnisse und übernimmt eine wichtige Funktion: Manche treiben an, andere kritisieren, wieder andere schützen und sorgen für unser Wohl. Ist die Selbstfürsorge zu schwach, können wir uns übernehmen, gefährden unsere Gesundheit. Dieser Teil lenkt die Aufmerksamkeit auf unsere Bedürfnisse und Wünsche und sorgt für Lebensqualität! Und wenn er diese Aufgabe meistert, entsteht ein gutes Selbstwertgefühl und die gerne dominierenden Anteile wie der Antreiber, der Perfektionisten oder der innere Kritiker, haben eien ebenbürtigen Gegenspieler.
Im Coaching wird die geschwächte Selbstfürsorge gezielt aufgespürt, angesprochen und der Teil gestärkt, um seine Rolle wieder aktiv einzunehmen.

👉 Ziel ist, dass alle Anteile auf Augenhöhe miteinander kommunizieren. Jeder erhält einen klaren Aufgabenbereich und wird respektiert. So entsteht ein Inneres Team, das kooperiert statt konkurriert.

Ein wesentliches Coaching-Tool ist das „Verhandlungsreframing“: Die verschiedenen Anteile versammeln sich sinnbildlich an einem inneren Ort. Anliegen werden gehört, Absichten geklärt, Rollen neu ausbalanciert. Am Ende steht eine innere Vereinbarung, der alle Anteile freiwillig zustimmen, weil sie sich gesehen und verstanden fühlen. So können Klient:innen spielerisch lernen, besser mit sich selbst zu kommunizieren, innere Konflikte nachhaltig zu lösen und eine stabile Balance zwischen Leistungsanspruch, Selbstfürsorge und Lebensfreude herzustellen.

Auf diese Weise lassen sich viele innere Konflikte konstruktiv bearbeiten – ein Weg zu mehr Selbstakzeptanz, Klarheit und innerer Freiheit.

Entspannungsmassage am Kopf, Bild von Anete Lusina, pexels

Vorteile auf einen Blick

  • Stärkung des Selbstfürsorge-Anteils und der inneren Balance
  • Klärung von Rollen, Aufgaben und Grenzen
  • Lösen von Selbstsabotage und inneren Widersprüchen
  • Wertschätzende Selbstkommunikation entwickeln
  • Mehr Selbstwirksamkeit, Gelassenheit und Lebensqualität

Mini-Selbsttest: Wie gut sorgst du für dich?

Beantworte die folgenden Aussagen spontan mit „Ja“ oder „Nein“
– ehrlich mit dir selbst:

  1. Ich nehme mir regelmäßig Zeit nur für mich, ohne schlechtes Gewissen.
  2. Ich merke rechtzeitig, wenn mir etwas zu viel wird – und ziehe dann eine Grenze.
  3. Ich kann „Nein“ sagen, ohne mich schuldig zu fühlen.
  4. Ich achte auf ausreichend Schlaf, Bewegung und gesunde Ernährung.
  5. Ich nehme meine Gefühle ernst und spreche sie offen an.
  6. Ich gönne mir Pausen, bevor ich völlig erschöpft bin.
  7. Ich bin zu mir so freundlich wie zu einer guten Freundin / einem guten Freund.
  8. Ich setze mich nicht unter ständigen Leistungsdruck.
  9. Ich kann Hilfe annehmen, wenn ich sie brauche.
  10. Ich tue regelmäßig Dinge, die mir Freude bereiten – ohne dass sie „nützlich“ sein müssen.
Auswertung:
  • 8–10 × „Ja“: Großartig! Du hast ein gesundes Selbstfürsorge-Bewusstsein.
  • 5–7 × „Ja“: Du bist auf einem guten Weg – achte an einzelnen Punkten bewusster auf dich.
  • 0–4 × „Ja“: Zeit für einen Neustart. Gib Selbstfürsorge einen festen Platz in deinem Alltag.


Checkliste: 10 Signale, dass du mehr Selbstfürsorge brauchst

  • Du fühlst dich häufig erschöpft oder ausgelaugt.
  • Du funktionierst nur noch, statt bewusst zu leben.
  • Du hast das Gefühl, ständig „zu kurz“ zu kommen.
  • Du kannst nicht mehr abschalten – selbst in der Freizeit.
  • Du fühlst dich schuldig, wenn du Pausen machst oder nichts „leistest“.
  • Du bist oft gereizt, ungeduldig oder überfordert.
  • Du hast kaum Zeit für Dinge, die dir Freude machen.
  • Du stellst deine Bedürfnisse regelmäßig hinter die anderer Menschen.
  • Du bemerkst körperliche Stresssymptome (z. B. Schlafstörungen, Kopfschmerzen).
  • Du erkennst dich selbst manchmal nicht wieder, weil du nur noch „funktionierst“.

✅ Fazit

Selbstfürsorge ist keine Kür, sondern eine Notwendigkeit. Sie ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Stärke und Selbstachtung. Wer gut für sich sorgt, lebt gesünder, zufriedener und resilienter – und kann gleichzeitig auch besser für andere da sein.

Selbstfürsorge ist kein Luxus. Sie ist Selbstschutz – und ein Liebesbeweis an dich selbst.

🔹 Du möchtest diesen Prozess professionell begleiten lassen? Ein systemisches Coaching mit Arbeit an inneren Anteilen kann dir helfen, innere Klarheit zu gewinnen und deine Selbstfürsorge nachhaltig zu stärken.