Systemische Veränderungsarbeit – Beiträge


Selbstgesteuerte Entwicklung und Ganzheitliche Betrachtung


Warum mich systemisches Denken begeistert

Es gibt Ideen und Konzepte, die uns infizieren, verwirren, zum Nach- und Umdenken zwingen und aus denen wir nicht mehr herauskommen, wenn wir ihnen einmal begegnet sind. Für mich gehört dazu das systemische Weltbild.

Jetzt wird klar, dass man die ganze Welt als System verstehen kann, das unendlich viele Systeme enthält, die alle miteinander verbunden, verschränkt oder strukturell gekoppelt sind – wie immer man das bezeichnen möchte. Und all diese Systeme wechselwirken aufeinander – mehr oder weniger.

Systemische Aufstellungsgruppe als Illustration

Der Mensch ist auch so ein System: ein lebendiges Gesamtsystem mit vielen Teilsystemen und Untersystemen, eingebettet in sein Beziehungssystem und sein soziales, natürliches und kulturelles Umfeld. Jetzt eröffnet sich ein völlig neues Verständnis vom Menschen, seiner Psyche, seinem Denken und Verhalten. Für mich als Coach bedeutet das z. B., dass ich Coachingthemen wie Stress oder Resilienz nicht mehr isoliert betrachten kann. Nun richtet sich der Blick auf (Beziehungs-)Muster, Wechselwirkungen und Kontexte.

Systemisches Denken erklärt nicht nur, weshalb Krisen auftreten, sondern zeigt auch, wie sie zum Anstoß für Entwicklung werden können. Krisen sind keine Sackgassen – sie sind Doppeltüren, durch die entweder Blockaden hereinkommen oder neue Möglichkeiten Einlass finden.

In diesem Beitrag möchte ich einen Überblick über die Grundlagen, Theorien und Methoden systemischer Veränderungsarbeit geben – verständlich, praxisnah und mit einem Schuss Begeisterung.

✅ Kurz gesagt: Das systemische Weltbild inspiriert mich, weil es eine lebendige Brille ist. Es macht klar, warum wir bestimmte Muster immer wieder einsetzen, weshalb Strategien in einem Kontext funktionieren und in einem anderen nicht. Klarer wird auch, wo verborgene Muster wirken oder welche Intervention die Systembalance wiederherstellen kann.



Die Ganzheitliche Betrachtung – Die systemisch-konstruktivistische Perspektive

In unserer Kultur herrschte seit Aristoteles (Bild) die Vorstellung, dass es eine wahre, realistische, objektive Welt gibt, erschaffen von Gott oder Göttern oder eben als Ergebnis eines evolutionären Prozesses im Universum. Jedenfalls als etwas, das schon lange existierte, bevor Menschen sich mit ihrem Bewusstsein ein Bild davon (und von sich selbst) machen konnten.
Wir stellen uns Bewusstsein meist (so haben wir das gelernt) als einen konsistenten Zustand vor, als ein dauerhaftes, hochkomplexes System, das uns, als subjektive Beobachter, eine objektive Welt, die Realität, erleben lässt.
Büste, die Aristoteles darstellt Aus systemisch-konstruktivistischer Sicht ist das jedoch anders. Hier erleben wir Wirklichkeit als einen Prozess, den wir selbst führen, den jede/r auf ganz individuelle Art selbst gestaltet. Jede/r formt sein/ihr Selbstbild, steuert das Verhalten und entscheidet mit, was geschieht. So ist jede/r Schöpfer/in der eigenen, subjektiven Welt! Du bist nicht „Opfer der Umstände“, ein Produkt der Welt außerhalb von dir – du bist selbst verantwortlich.
Dass Menschen doch so etwas wie eine gemeinsame, quasi-realistische Weltvorstellung haben, liegt daran, dass wir uns alle (vor allem mit Hilfe der Wissenschaft) stillschweigend darauf geeinigt haben, wie wir die Welt wahrzunehmen, zu beschreiben und zu erklären haben. Wir glauben, dass die Welt Gesetze hat, die Natur nach Gesetzen funktioniert und deshalb prinzipiell kontrollierbar ist.

Für den Konstruktivisten sind diese Gesetze aber nur „Erklärungsprinzipien“ (Gregory Bateson). Dieses „nur“ ist nicht herabsetzend gemeint! Die Wissenschaften haben eine immense Leistung erbracht, mit ihrer systematischen, in sich logischen und konsistenten Begründung von Realität. Schließlich brauchen die Menschen eine gemeinsame, plausible Welterklärung, sonst könnten wir gar nicht vernünftig miteinander kommunizieren! Auch Konstruktivisten haben Teil an diesem kollektiven Weltbild, glauben allerdings, dass es sich dabei nicht um die objektive Wahrheit, sondern um ein mögliches, brauchbares Modell oder auch um eine „nützliche Fiktion“ (Hans Vaihinger) handelt.

Woran der Coach glaubt, kann dem Coachee prinzipiell egal sein, allerdings profitiert er von einem systemisch-konstruktivistischen Ansatz. Der bietet die Chance, zu erkennen, dass jeder Mensch sich selbst reguliert, seine Selbststeuerung verbessern kann und nicht Opfer des Geschehens, sondern Mitgestalter des eigenen Schicksals, Herr/in der eigenen Empfindungen und Bewertungen und Konstrukteur/in des eigenen Verhaltens ist. Dafür zahlt man aber einen Preis – jetzt ist man wirklich selbst verantwortlich für sein Leben!


Systemisches Coaching – Konzept mit Weitblick

Weiter Blick, Bild von Pierre Jeanneret

Systemisches Coaching ist weit mehr als eine Technik. Es ist ein Haltungs- und Denkmodell. In der ganzheitlichen Betrachtung sind Menschen keine isolierten Individuen, sondern Teil vielfältiger Umfeldsysteme – Familie, Team, Organisation, Gesellschaft – und tragen zugleich ein komplexes inneres System in sich.
Unser Erleben von Welt resultiert aus dem Zusammenspiel dieser Systeme. Ein Coachinggespräch wird damit zur Entdeckungsreise in Zusammenhänge:

  • Welche Muster prägen meine Wahrnehmung?
  • Welche Perspektive nehme ich gerade ein
    und was erlebe ich dabei?
  • Welche Beziehungsschleifen halten Probleme aufrecht?
  • Worauf fokussiere ich jetzt neu und wie
    bewerte ich die Situation dann?

Systemisches Coaching arbeitet nicht an Symptomen, sondern an den Rahmenbedingungen, Bedeutungen, Bewertungen und Strukturen, die Verhalten hervorbringen.

✅ Kurz gesagt: Das Revolutionäre am systemischen Denken ist, dass es die Bühne wechselt:

Nicht einzelne Dinge stehen im Fokus, sondern Muster, Dynamiken, Prozesse und Relationen.
Die Welt wird nicht als Maschine, sondern als lebendes, selbstorganisiertes Netzwerk verstanden.


Inneres Systeme und bewusste Selbststeuerung




Bewusstsein und Selbstführung

Das innere System, das Bewusstsein, ermöglicht es uns, mentale Prozesse wie Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle zu erleben und zu beschreiben und dann zu entscheiden, welche Reaktion erfolgt, welche Synapse - Bild von Vilkas Erfahrungen genutzt und welche Verhaltensmuster eingesetzt werden.So können wir die Welt erleben, empfinden und uns bewusst verhalten. Vor allem erschaffen wir so ein kohärentes Selbstbewusstsein, unser eigenes Ich!
Das ist eine Leistung des Gehirns, eines hochkomplexen Systems, eines neuronalen Netzwerks mit Billionen Verknüpfungen. Es steuert eine immense Zahl an Informationsverarbeitungsprozessen und Körper- und Mentalfunktionen, die parallel laufen und die Fülle an Aufgaben meistern, die das menschliche Leben erfordert.

Automatische Selbststeuerung
Dazu nutzen wir eine Art von Programmen, die weitestgehend autonom und unbewusst ablaufen. Was wir bewusst erleben, ist nur ein kleiner Teil davon. Von diesen vielen Automatismen kriegen wir nur die mit, welche gerade nicht gut funktionieren und neu programmiert werden sollten. Dysfunktionen und kritische Situationen können das Umschalten von unbewusster auf bewusste Steuerung erfordern.
Bewusste Selbststeuerung
macht uns zu Menschen, die bewusst und verantwortlich handeln können. Unser Bewusstsein ist gut organisiert und bewältigt die vielen Anforderungen mit Aufgabenteilung, mit spezialisierten Programmen. Einige davon können wir uns auch als Persönlichkeitsanteile vorstellen, visualisieren und benennen. Mit diesem „Trick“ machen wir uns in einer Trance ansonsten unbewusste Funktionen zugänglich, können mit ihnen kommunizieren und sie bewusst beeinflussen. Schulz von Thun begreift diese Anteile als "Inneres Team", das nur optimal funktioniert, wenn es in Balance ist und harmoniert.


Selbststeuerung und Selbstmanagement

Wer kennt sie nicht, diese „Inneren Stimmen“, diese „Seiten“ (Gunther Schmidt) in uns, die sich vor allem bei inneren Konflikten perception Symbolbild pic von geralt und Entscheidungsproblemen melden? Da kann man Anteile wie den inneren Kritiker, den Antreiber, das innere Kind, den kreativen Anteil, den inneren Wächter oder viele andere identifizieren.
Probleme in diesem System gibt es vor allem, wenn die Aufgabenverteilung, die Hierarchie, der Respekt füreinander, die Zuständigkeit etc. unklar sind – genau wie etwa in einem Team in der Arbeitswelt. Es werden die gleichen Techniken angewendet, die sich auch im systemischen Teamcoaching in Organisationen bewähren.
Das ist vor allem Verhandlungsreframing, also klären, was da ist, an Bedürfnissen und Erwartungen, welche Ideen und Optionen es gibt, welcher Anteil wofür Verantwortung übernimmt usw. Es wird so lange verhandelt, bis alle im Team gut zustimmen können und eine verbindliche Vereinbarung schließen. So entsteht eine neue systemische Struktur.
Wenn ein Coachee diese Art von Selbstführung begriffen hat, kann er/sie diese in vielen Kontexten einsetzen – und das funktioniert immer besser, wenn man es öfter wiederholt.
Andere systemische Techniken zur Selbststeuerung sind Reframingformate wie das Kontextreframing (Fähigkeiten, Ressourcen, die ich in einem Bereich besitze, auf einen Kontext zu übertragen, wo ich diese nicht habe), Bedeutungsreframing (Veränderung von Bewertungen, Überzeugungen, Glaubenssätzen, die behindern und limitieren) sowie Perspektivwechsel, Interventionen, die den Fokus weg vom Problem auf andere Möglichkeiten lenken.

✅ Kurz gesagt: Wenn du dich selbst gut managst, steuerst und optimal organisierst, erlebst du Selbstwirksamkeit, steigerst dein Selbstvertrauen und stärkst die Resilienz!


Systemische Krisen und Konflikte – Wirkungen und Chancen



Was sind Krisen, was sind Konflikte?

Eine Krise ist eine umfassende Störung, die das gesamte System betrifft und tiefgreifende Veränderungen erfordert. Ansonsten drohen Lähmung, Stillstand oder Zerfall des Systems. Die Selbstregulation des Systems ist überfordert. Krisen bieten damit eine wichtige Lernchance und erfordern neues Denken, neue Muster und Strategien. perception Symbolbild pic von geralt Ein Konflikt ist eine funktionale Störung oder eine Konfrontation von zwei oder mehr Parteien. Konflikte stören das System, aber sie zerstören es nur, wenn sie zu sehr eskalieren oder sich chronisch manifestieren.
Krisen und Konflikte korrelieren miteinander, d. h. dauerhaft ungelöste oder ständige Konflikte können eine Krise auslösen oder umgekehrt können Krisen das System schwächen und Konflikte hervorbringen.

In der systemischen Betrachtung werden Krisen und Konflikte nicht als isolierte Ereignisse gesehen, sondern als Störungen in der Systemstruktur und Systemfunktion. Sie sind Symptome, ein Hinweis darauf, dass die Selbstregulation nicht mehr gut funktioniert und im Fall einer schweren Krise (z. B. Burnout, schwere Depression) erstarrt und nahezu handlungsunfähig wird. Das gilt für Teilsysteme des Menschen (z. B. Kreislauf) genauso wie für größere Strukturen (Team, Betrieb, Staat).
In komplexen und lebenden Systemen sind alle Konfliktbeteiligten miteinander verbunden, in Wechselwirkung miteinander und tragen mehr oder weniger Mitverantwortung dafür. Welche Faktoren Probleme bewirken, ist oft nicht offensichtlich. Die Betrachtungen aus verschiedenen Perspektiven und systemische Fragetechniken können jedoch diese Komplexität auf den Kern des Ereignisses reduzieren. Eine Aufstellung der Konfliktstruktur kann auch verborgene Konfliktelemente und Dynamiken sichtbar machen.

Innere Konflikte entstehen ebenso durch strukturelle oder funktionelle Störungen. Die Problematik kann natürlich mit äußeren Ereignissen verbunden sein. Aber nicht die Ereignisse selbst sind die Problemursache, sondern der innere Konflikt entsteht durch die Reaktion auf das Ereignis, durch die Bewertung und die Emotionen, die man selbst erzeugt. Konfliktlösungen werden hier effektiv gelöst durch Arbeit mit dem inneren Team und Reframingangebote.


Der ganzheitliche Ansatz:


Abwehrend gehaltene Hand - Lizenz Canva
  • Vernetztes Denken: Anstatt sich auf einzelne Personen zu fokussieren, werden Beziehungsstrukturen, Kommunikationsmuster und nonverbale Interaktionen aller Beteiligten angeschaut.
  • Fokus auf Beziehungen: Die Identität und das Verhalten von Einzelpersonen werden durch ihre Beziehungen innerhalb des Systems geprägt.
  • Ganzheitliche Betrachtung: Ein Konflikt wird als Symptom eines größeren Systems gesehen, als strukturelle oder funktionale Dysfunktion bzw. als Regulationsstörung.

Ziele der systemischen Konfliktlösung

Paar in der Krise - Pixabay
  • Nachhaltige Lösungsvereinbarungen: sind solche, die dauerhaft funktionieren, weil sie für alle Beteiligten akzeptabel sind und sich flexibel an Veränderungen anpassen können.
  • Stärkung der Kompetenzen: bedeutet, dass die Beteiligten wirksame Bewältigungs- und Vermeidungsstrategien gelernt haben und sich für eine positive Beziehungsgestaltung verantwortlich fühlen.
  • Förderung von Kooperation: Es wird eine Atmosphäre geschaffen, in der alle Interessen gehört und respektiert werden und eine „Win-Win“-Situation angestrebt wird.
  • Lösungen erster Ordnung: bewahren bestehende Regeln und Gesetze eines Systems, bleiben innerhalb des gleichen Rahmens, sind eher Reparaturen als Neugestaltung (nach Paul Watzlawick).
  • Lösungen zweiter Ordnung: verändern Strukturen und Muster, brechen bisherige Regeln und ermöglichen einen Ausweg aus selbsterzeugten Problemen und Endlosschleifen.

Methoden und Techniken

  • Systemische Fragen: fördern Neubewertungen und die Einbeziehung von Kontexten und ermöglichen Perspektivwechsel und Veränderungen des Blickwinkels.
  • Die Konfliktdynamik kann reguliert und festgefahrene Prozesse wieder in Fluss gebracht werden. Das kann neue Erkenntnisse, Impulse und Ideen hervorbringen.
  • Moderation, Mediation, Coaching: Ein professioneller Begleiter kann den Austausch strukturieren. Unter der Leitung eines Moderators kann er helfen, Kommunikation zu personalisieren, Abschweifungen zu vermeiden und eine klare Gesprächsstruktur zu schaffen und Lösungsideen zu prüfen.
  • Klärung von Hierarchie/Rangordnung: und von Rollen, Zuständigkeiten und Funktionen – durch die
    Teamkonflikt
    Klärung der Systemordnung können Konflikte vermieden oder gelöst werden, indem Missverständnisse über Verantwortlichkeiten ausgeräumt werden.
  • Systemische Aufstellungen: Struktur-, Konflikt-, Themen-, Familien-, Team- und Organisationsaufstellungen.
  • Reframingtechniken: Kontext- und Bedeutungsreframing, Neubewertung und Umfokussierung der Aufmerksamkeit, Veränderung der Rahmengröße (das Thema wird erweitert oder reduziert).
  • Chunking: Chunk up, chunk down, chunk sideways – das bedeutet, man wechselt auf eine andere Systemebene, Beziehungsebene oder Bedeutungsebene, gewinnt oder spezifiziert Information und reduziert Komplexität.
🔑 Kerngedanke: Krisen sind Doppeltüren: Sie können in die Blockade oder in die Entwicklung führen.
• Ob Blockade oder Wachstum entsteht, hängt von Ressourcen, Deutung und Unterstützung ab.
• Systemisch gesehen: Symptome = Sprache der Krise. Hört man zu, können sie zu Lösungswegen führen.


Konzepte systemischer Veränderungsarbeit für Therapie und Coaching




Systemische Therapie

In den 1980er Jahren machte Helm Stierlin (Bild) die Systemische Therapie und die Familientherapie in Deutschland bekannt. Mit Fritz B. Simon, Gunther Schmidt und Gunthard Weber u. a. gründete er Porträt von Helm Stierlin die bekannte „Heidelberger Schule“, die maßgeblich die systemische Methodik im Land geprägt hat.
Hier wurden verschiedene Methoden und Techniken eingesetzt, integriert und weiterentwickelt und so hat diese Schule auch die aktuelle systemische Beratung, Systemaufstellungsmethoden, hypnosystemische und narrative Methoden und andere Tools und Techniken mit hervorgebracht.
Symptome und Verhaltensmuster werden in der systemischen Therapie nicht einzelnen Personen zugeschrieben, sondern als Ausdruck von Beziehungs- und Kommunikationsdynamiken im Gesamtsystem betrachtet. Auffälliges Verhalten wird nicht als „pathologisch“ angesehen, sondern als hilfreicher Verweis auf Störungen im (Familien-) System. Therapieziel ist ein Gewinn an Wahlmöglichkeiten, um mehr Optionen für Verhalten, Wahrnehmung und Bewertungen zu haben. ⮞ Mehr zu Systemischer Therapie

Neurolinguistisches Programmieren – NLP

NLP kam Anfang der 1980er Jahre nach Deutschland und wurde schnell zur führenden Methode im Kommunikationstraining und später in Beratung und Coaching. Porträt von Richard Bandler NLP wurde von dem Mathematiker Richard Bandler (Bild) und dem Linguisten John Grinder u. a. in den 1970er Jahren in Palo Alto entwickelt, sie wurden dabei von Gregory Bateson gefördert. Sie definierten NLP als „das Studium über die Struktur subjektiver Erfahrung“.
NLP ist eine Sammlung von Methoden und Techniken aus Therapie, Linguistik und Kommunikationswissenschaften auf der Basis von Konstruktivismus und Systemtheorie und ein Modell, das zeigt, wie neuronale Prozesse sich in Wahrnehmung, Denken, Sprechen und Verhalten manifestieren und funktionale Strukturen und Muster (Programme) bilden. Diese Programme lassen sich mit NLP-Techniken ändern, wenn Störungen, Veränderungs- oder Optimierungswünsche vorliegen.
Besonders bedeutsam sind m. E. das Wahrnehmungsmodell (VAKOG-Modell), das Meta-,
das Miltonmodell der Sprache und die Reframingformate des NLP. Porträt von Robert Dilts   ⮞ Mehr zu NLP und den Anwendungen

Die Weiterentwicklung des NLP-Modells

Die Weiterentwicklung des NLP wurde von Robert Dilts (Bild), Judith DeLozier und vielen anderen betrieben. Im Fokus sind dabei komplexere Systeme (Körper + Geist, Struktur der subjektiven Erfahrung), bis hin zu Verbindungen zur Spiritualität. Sehr bekannt sind spezielle NLP-Formate von ihm wie die logischen Ebenen (Dilts-Pyramide) und das Re-Imprinting und die „Heldenreise“.
Porträt von Connirae Andreas Neue Ideen zur Ausweitung von NLP hat auch die promovierte Psychotherapeutin Connirae Andreas (Bild) zusammen mit ihrem Mann Steve Andreas eingebracht. Bekannt ist vor allem die wunderbare Technik der Core Transformation und ihre Methode „The Wholeness Work“, die Selbstbetrachtung aus verschiedenen Ebenen des Selbst ermöglicht. Beide Techniken können zu sehr tiefen und intensiven seelischen Prozessen, zu innerer Balance, Ruhe und Gelassenheit führen.
Connirae Andreas überzeugt mit ihrem tiefen Wissen, aber auch als Trainerin mit ihrem sanften, liebevollen Stil. Sie inspiriert bis heute viele Coaches, Trainer und Therapeuten in ihren Workshops.  ⮞ Mehr zur Methode

Eine bedeutende Erweiterung der NLP-Methodik hat auch der Sozialpsychologe Lucas Derks (Bild) geleistet. In dem Sozialen Panorama beschreibt er, wie Menschen soziale Beziehungen im inneren Bild repräsentieren.
Das geschieht in einer Art von Panorama, einer Struktur, in der das eigene Selbst(bild) zentral steht und von den Menschen umgeben ist, zu denen es eine wichtige Beziehung hat, sowohl biologisch als auch durch verschiedenste Arten von Bindungen. So bildet nach Derks der Mensch innerlich seinen sozialen Kontext ab. Porträt von Lucas Derks Jede Person hat in diesem System eine feststehende Position, einen exakt definierten Ort.
Er bringt das auf die Formel: Beziehung ist gleich Lokalisierung. Anders ausgedrückt: Die Veränderung der Position eines Menschen in dieser Struktur verändert auch die Art und die Qualität bzw. Intensität der Beziehung. Diese soziale Ordnungsstruktur, das Panorama, steuert primär unser soziales Verhalten. Dabei unterscheidet er universelle, kulturelle und individuelle Interaktionen. Natürlich laufen diese Repräsentationsprozesse weitestgehend unbewusst ab, können aber leicht in Trance visualisiert werden. Auch Sachen und abstrakte Dinge sind im Sozialen Panorama repräsentiert, weil wir ja auch Beziehungen und Bindungen zu Dingen entwickeln. Diese Objekte werden dann personalisiert (und damit zu Subjekten), ihnen werden Eigenschaften zugeschrieben, ihre Position wird festgelegt. All diese Elemente im Panorama sind für Derks Teile des Bewusstseins der eigenen Person.  ⮞ Mehr zur Methode

Lösungsorientierte / lösungsfokussierte Kurztherapie – LFK

Diese Methode wurde 1982 von den Psychotherapeuten Steve de Shazer und Insoo Kim Berg (Bild) vorgestellt. Ihr konstruktivistischer Ansatz ist, dass für die Lösungsfindung die Wünsche, Ziele und Erfahrungen entscheidend sind. Porträt von Insoo Kim Berg Dagegen sind die Problemursachen irrelevant für den Veränderungsprozess. Der erfolgt nach ihrer Ansicht in kleinen Schritten. Fokussiert wird dabei auf das, was funktioniert, und auf positive Ausnahmen im Problemkontext. Dazu reichen wenige relevante Informationen aus.
Radikal neu ist in diesem Konzept der Grundsatz der „Einfachheit“ (Simplicity), der auf der systemtheoretischen Annahme basiert, dass schon kleine Veränderungen bei einem Einzelnen erhebliche Auswirkungen auf das Gesamtsystem und alle Beteiligten haben können. – Veränderungen in hochkomplexen Systemen brauchen keine komplexen Methoden. Techniken der LFK werden häufig eingesetzt in Therapie, Beratung, Coaching, Sozialpädagogik und sogar der Seelsorge. Geradezu berühmt sind dabei die „Wunderfrage“ und die „Skalenfrage“.  ⮞ Mehr zur Methode

Hypnosystemische Therapie

Erleben wird erzeugt durch Aufmerksamkeitsfokussierung. Dieses Therapiekonzept wurde Anfang der 1980er-Jahre von Gunther Schmidt (Bild) geschaffen. Schmidt arbeitet weniger mit klassischen Hypnose-Induktionen, sondern fokussiert in Dialogen auf Augenhöhe auf die Kompetenzen des Klienten und seine Ressourcen. Porträt von Gunther Schmidt Entscheidend ist dabei, dass der Klient erkennt, dass er in unwillkürlichen Prozessen, einer Art Selbsthypnose (Problemtrance), seine Gestaltungsspielräume einengt und selbst die Problemsymptomatik erzeugt, unter der er leidet. Gleichzeitig geben die Symptome oft metaphorische Hinweise auf Lösungsmöglichkeiten. Der Therapeut kann die Mitteilungen des Klienten für eine „Lösungstrance“ nutzen und zielgerichtete Autosuggestionen anstoßen, die Wahlmöglichkeiten erkennbar machen.
Dieser Ansatz basiert u. a. auf der Hypnotherapie nach Milton Erickson und der systemischen Familientherapie und neuen Erkenntnissen der Hirnforschung. Dabei wird betrachtet, was ein Einzelner erlebt, wie er/sie diese Erfahrung bewertet und welche Auswirkungen das hat. Im Zentrum steht dabei, wie die „Innere Welt“ des Klienten mit seiner äußeren Welt interagiert (systemische Wechselwirkung).

🔑 Wichtig ist:  Die Fokussierung der Aufmerksamkeit – weg vom engen Problemfokus – hin auf andere, attraktive Möglichkeiten.

Ich schätze Gunther Schmidt für seine sehr verständnisvollen, wertschätzenden Dialoge, seinen Einsatz von lebendigen Bildern, Metaphern und kreativen Sprachmustern, die spielerisch leicht zu Lösungstrancen „einladen“, wie er sagt. Gunther Schmidt ist auch als Mediziner ein Pionier der psychosomatischen Therapie und als Ökonom erfolgreich im Businesscoaching und leitet zahlreiche Fortbildungen.  ⮞ Mehr zur Methode


Was sind Systemaufstellungen und wie funktionieren sie?


Aufstellungen – Strukturen, Elemente und Positionen:

Strukturgrafik einer Familienaufstellung © Reinhard Kotter

Aufstellungen sind eine ganz besondere und m. E. wichtige Vorgehensweise in der Veränderungsarbeit. Sie sind im wörtlichen und übertragenen Sinn „bewegend“, sie machen systemische Muster und Strukturen körperlich, sinnlich spür- und erfahrbar. Bewusstsein hat eine räumliche Struktur. Alles, was wir wahrnehmen, denken, empfinden und als Geschehen erleben, unsere Erlebnisse, aber auch unsere Träume, Wünsche, Ängste oder Bedürfnisse, können wir uns vorstellen, das heißt, vor unserem „Inneren Auge“ erscheinen lassen, als dreidimensionale Repräsentation.

In diesem inneren Bild geben wir jedem Ding eine Position.
Bewusstsein ist so gesehen „Ortsgebung“ und aus allem, was wir wahrnehmen und benennen können, und dem, was wir uns vorstellen können (das Wort sagt schon alles), können wir innerlich ein Strukturbild herstellen, in dem die zugehörigen Elemente „verortet“ sind. In diesem System stehen Dinge und Personen in einer räumlichen Beziehung, die sich exakt mit Abstand, Beziehungswinkel und Größe darstellt.

Durch bloßes logisches Denken vermögen wir keinerlei Wissen über die Erfahrungswelt zu erlangen; alles Wissen über die Wirklichkeit geht von der Erfahrung aus und mündet in ihr.
Albert Einstein



Ablauf einer Aufstellung: Vorgespräch, Ziel ermitteln

Grafik Schematischer Ablauf einer Aufstellung © Reinhard Kotter

Eine Systemaufstellung beginnt mit einem Vorgespräch, in dem der Klient sein Anliegen beschreibt, das gewünschte Ergebnis nennt und die wichtigen (relevanten) Mitglieder oder Elemente des Systems bestimmt. Anschließend sucht er sich für jedes Systemmitglied/Element einen Repräsentanten (Stellvertreter) aus der Aufstellungsgruppe (sofern es eine Gruppe gibt) aus. Ersatzweise können Gegenstände oder Figuren als symbolische Stellvertreter aufgestellt werden. In der Einzelarbeit werden dazu oft einfach beschriftete Zettel als Positionsanker auf dem Boden platziert. Dann wird der Klient/die Klientin angewiesen, die Stellvertreter im Aufstellungsfeld so einander zuzuordnen, wie es seiner/ihrer Intuition (bzw. dem inneren Abbild seines Systems) entspricht.

Das Phänomen: Repräsentative Wahrnehmung

Im nächsten Schritt geschieht etwas Merkwürdiges: Stellvertreter, die in einer Position stehen oder mit einem Positionsanker verbunden sind, können das Phänomen der repräsentierenden Wahrnehmung erleben. Das bedeutet, die Repräsentanten können Empfindungen und Impulse wahrnehmen, die zu jeder Position in der Aufstellung gehören, und zeigen, wo genau Probleme, Ressourcen oder sogar Lösungsmöglichkeiten in der Systemstruktur verankert sind und wie die Beziehungsdynamiken zwischen den Systembeteiligten verlaufen.

Veränderungsprozess – Lösungsbild finden

In einer dritten Aktion werden dann die Positionen schrittweise verändert, bis schließlich eine neue Systemstruktur (das Lösungsbild) entstanden ist, die nach der Überzeugung aller Teilnehmer stimmig bzw. ausbalanciert ist.

Schlussbesprechung und Auswertung

Dieser Prozess kann mit passenden Fragen, Ritualen oder Lösungssätzen begleitet werden. Die Aufstellung kann mit einem Ritual und einer Ergebnisbesprechung abgeschlossen werden, in dem ausgewertet wird, was sich im Prozess und im Schlussbild gezeigt hat. Das Lösungsbild liefert eher selten „Patentlösungen“, sondern meist eher Hinweise und Ideen, wie das System besser funktionieren kann oder welche ersten Schritte sinnvoll sind. Die Erkenntnisse aus Aufstellungen können auch im Coaching genutzt werden, wenn z. B. neue Verhaltensstrategien oder zusätzliche Ressourcen benötigt werden.

✅ Kurz gesagt: In Systemaufstellungen zeigen sich schnell Beziehungsdynamiken und strukturelle Dysfunktionen oder sogar verborgene Prozesse können aufgedeckt werden. Für den Klienten ist das komfortabel, wenn Repräsentanten für sein System stehen und ihm „die Arbeit abnehmen“. (Kleiner Scherz!)

Pioniere der systemischen Veränderungsarbeit

Gregory Bateson – Der geistige Vater der systemischen Arbeit

Gregory Bateson (1904–1980) war einer der großen Universalgelehrten des 20. Jahrhunderts. Als Anthropologe, Biologe, Philosoph und Kybernetiker verband er Geistes- Porträt von Gregory Bateson und Naturwissenschaften auf einzigartige Weise. Seine Forschungen umfassten Anthropologie, Ökologie, Naturphilosophie, Erkenntnistheorie, Lerntheorie, Bateson gilt als Mitbegründer der Systemtheorie und Kybernetik und wird oft als Vater der systemischen Therapien bezeichnet.
Besonders prägend war seine Rolle im MRI-Institut in Palo Alto, wo er mit Persönlichkeiten wie Virginia Satir, Paul Watzlawick und Don D. Jackson arbeitete. Diese interdisziplinäre Gruppe entwickelte zentrale Konzepte des systemischen Denkens, die bis heute die Kommunikations- und Lerntheorie beeinflussen. Neben seinen eigenen Publikationen war Bateson ein Inspirator für viele andere Forscher. So regte er auch die Entwickler des Neuro-Linguistischen Programmierens (NLP), Richard Bandler und John Grinder, zu neuen Denkansätzen an. Unvergessen bleibt sein prägnantes Diktum: „Information ist ein Unterschied, der einen Unterschied macht.“

Virginia Satir – Mutter der systemischen Arbeit

Porträt von Virginia Satir

Virginia Satir (Bild) hat durch ihre bahnbrechende Arbeit völlig neue Ansätze in die Familientherapie gebracht und wichtige Methoden und Techniken der systemischen Arbeit entwickelt, wie die Familienskulpturen, ihren Stil der wertschätzenden Kommunikation, Reframing, Kongruenz in der Körpersprache, Parts Party u. a. m.
Bekannt war sie auch für ihre Menschlichkeit, ihre Offenheit, Wärme und Zugewandtheit in ihrer Arbeit.
Auch Virginia Satir hat die NLP-Entwicklung maßgeblich gefördert und mit Bandler und Grinder zusammengearbeitet.

„Niemand kann einen anderen davon überzeugen, sich zu ändern. Jeder von uns hat eine Tür zur Veränderung, die nur von innen geöffnet werden kann.

Paul Watzlawick – Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut

Porträt von Paul Watzlawick

Paul Watzlawick (1921–2007) (Bild) war ein österreichischer Kommunikationswissenschaftler und Psychotherapeut, der mit seiner Arbeit die Kommunikationstheorie und die Familientherapie entscheidend beeinflusste. Am Mental Research Institute in Palo Alto entwickelte er zusammen mit Kollegen wie Don D. Jackson und John Weakland das sogenannte Palo-Alto-Modell, das die Aufmerksamkeit von Ursachen in der Vergangenheit auf die gegenwärtige Interaktion lenkte. Berühmt wurde er durch die These „Man kann nicht nicht kommunizieren“, die verdeutlicht, dass jedes Verhalten Mitteilungscharakter besitzt. Watzlawick verband seine Theorie der Kommunikation mit dem radikalen Konstruktivismus, nach dem jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit entwirft. Dieses Denken fasst sich in seinem bekannten Satz (aus: Die erfundene Wirklichkeit) zusammen:

„Wer sich des Umstandes voll bewusst ist, der Erfinder seiner Wirklichkeit zu sein, wüsste um die immer bestehende Möglichkeit, sie anders zu gestalten.“

Heinz von Foerster – Physiker und Mitbegründer des Radikalen Konstruktivismus

Porträt von Heinz von Foerster Heinz von Foerster (* 1911–2002) ist ein österreichischer Physiker, Kybernetiker und Philosoph und Mitbegründer des Radikalen Konstruktivismus. Er lehrte als Professor für Biophysik und forschte an seinem Biological Computer Laboratory (unter anderem mit dem Mathematiker Norbert Wiener, dem Gründer der Kybernetik, und dem Erfinder des Computers John von Neumann). Natürlich hatte er auch enge Verbindungen zu Bateson und Watzlawick. Von Foerster war ein vielseitiger Forscher, Denker und kreativer Querdenker. In „Die Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners“ verrät er viel über seine Denkweise, ein lesenswertes Buch.
Einer seiner Leitsätze ist: Handle stets so, dass weitere Möglichkeiten entstehen.

Ernst von Glasersfeld - Philosoph und Mitbegründer des Radikalen Konstruktivismus

Ernst von Glasersfeld (+1917- 2010) hat mit seinem Freund Heinz von Foerster das konstruktivistische Konzept Porträt von Ernst von Glasersfeld erarbeit. Beide haben gemeinsam. dass sie Österreicher sind und nach dem Krieg in die USA auswanderten. Als Philosoph und Kommunikationswissenschaftler und hatte natürlich auch Kontakt mit der Palo-Alto-Gruppe. Er hat sich wie Foerster mit dem Realitätsbegriff, Musterverarbeitung und kognitiven Prozessen auseinandergesetzt. Objektive Wahrheit gibt es für ihn nicht, er betont stattdessen die Bedeutung von Viabilität: Das bedeutet, dass etwas real ist, wenn es brauchbar oder nützlich ist und vor allem, wenn es funktioniert. Was sich im praktischen Handeln bewährt und Probleme löst, hat besondere Bedeutung. Diese Zitate sprechen für sein konstruktivistisches Denken: "Die Berufung auf Objektivität ist die Verweigerung von Verantwortung - daher ihre Beliebtheit."
"Objektivität ist die Illusion, dass Beobachtungen ohne einen Beobachter gemacht werden können"
Die Umwelt, so wie wir sie wahrnehmen, ist unsere Erfindung


Theoretische Grundlagen der systemischen Veränderungsarbeit


Die Systemtheorie – ein Metakonzept

Die Systemtheorie, maßgeblich entwickelt von dem Biologen Ludwig von Bertalanffy (Bild), beschreibt ein grundlegendes Denkmodell zur Analyse komplexer Phänomene. Porträt von Ludwig von Bertalanffy Sie findet Anwendung in den Natur- und Geisteswissenschaften, etwa in Biologie, Psychologie, Therapie, Coaching, Organisationsentwicklung oder Kommunikationswissenschaft. Kern des Ansatzes ist die Abkehr vom linearen Ursache-Wirkungs-Denken. Entwicklungen werden nicht als eindimensionale Abfolge, sondern als Ergebnis von Wechselwirkungen in zirkulären Prozessen verstanden. Systeme werden daher als Ganzheiten betrachtet, deren Eigenschaften sich nicht allein aus der Summe der Einzelteile erklären lassen. Mit diesem Metakonzept eröffnete die Systemtheorie neue Möglichkeiten, Dynamiken in Familien, Gruppen, Organisationen oder Gesellschaften zu beschreiben und zu verstehen.

Der Konstruktivismus – das subjektive Weltbild

Der Konstruktivismus, geprägt durch Denker wie Ernst von Glasersfeld, Humberto Maturana (Bild), Heinz von Foerster, Francisco Varela und Paul Watzlawick, geht davon aus, Porträt von Humberto Maturana dass Menschen ihre Wirklichkeit nicht „vorfinden“, sondern aktiv konstruieren. Realität entsteht durch individuelle Wahrnehmung, Interpretation und soziale Kontexte. Objektive Wahrheit im strengen Sinn gibt es demnach nicht, sondern vielfältige subjektive Wirklichkeiten, die durch persönliche Erfahrungen, Wissen, Überzeugungen und kulturelle Einflüsse geformt sind. Sprache und Kommunikation spielen dabei eine zentrale Rolle. In Pädagogik, Psychotherapie und Coaching eröffnet dieser Ansatz neue Perspektiven: Veränderung entsteht nicht durch das Vermitteln einer „richtigen“ Sichtweise von außen, sondern durch die individuelle Konstruktion neuer Bedeutungen. Der Konstruktivismus macht so deutlich, dass Unterschiedlichkeit und Perspektivenvielfalt wertvolle Ressourcen sein können.

Kybernetik – die Kunst des Steuerns

Die Kybernetik wurde von Norbert Wiener begründet und von Forschern wie Heinz von Foerster wesentlich weiterentwickelt. Sie untersucht Steuerungs- und Regelungsprozesse, Porträt von Norbert Wiener Kommunikation und Selbstorganisation in lebenden Organismen, technischen Systemen sowie in sozialen, ökonomischen und politischen Strukturen. Ein zentrales Prinzip ist das Konzept der Rückkopplung: Systeme regulieren ihr Verhalten durch Rückmeldungen und passen sich dadurch an veränderte Bedingungen an. Dieser Gedanke prägt nicht nur Technik und Informatik, sondern auch das Verständnis von Lern- und Veränderungsprozessen im menschlichen Handeln.
Mit der „Kybernetik zweiter Ordnung“ wurde zudem die Rolle des Beobachters betont: Wer Systeme beschreibt oder steuert, ist stets selbst Teil dieser Systeme.

Zusammenhang der Disziplinen

Systemtheorie, Konstruktivismus und Kybernetik greifen ineinander: Die Systemtheorie liefert den theoretischen Rahmen, die Kybernetik beschreibt die Mechanismen des Steuerns und Regelns, und der Konstruktivismus verdeutlicht, wie Beobachter ihre Wirklichkeit in diesem Prozess selbst erschaffen. Die Gründer und Vordenker dieser Ansätze – Bertalanffy, Wiener, von Foerster, Glasersfeld, Maturana oder Watzlawick – haben nicht nur wissenschaftliche Grundlagen gelegt, sondern auch die Entwicklung systemischer Therapie- und Beratungsmethoden geprägt. Zusammen bilden ihre Konzepte ein Fundament, das bis heute moderne systemische Denk- und Arbeitsweisen trägt.

Literatur zur Thematik

  • Bateson, G. (1972): Steps to an Ecology of Mind. Chandler.
  • Bateson, G.: Ökologie des Geistes: Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven. Suhrkamp
  • Watzlawick, P., Weakland, J., Fisch, R. (1974): Change. Norton.
  • Watzlawick, P., Wie wirklich ist die Wirklichkeit?: Wahn, Täuschung, Verstehen. Pieper
  • von Foerster, H. (2003): Understanding Understanding. Springer.
  • von Foerster, H.: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners: Gespräche für Skeptiker, Carl-Auer Verlag
  • von Glasersfeld, E. (1995): Radical Constructivism. Falmer Press.
  • von Glasersfeld, E.: Radikaler Konstruktivismus: Ideen, Ergebnisse, Probleme. Suhrkamp
  • Satir, V. (1983): Conjoint Family Therapy. Science and Behavior Books.
  • Satir, V.: Kommunikation, Selbstwert, Kongruenz: Junfermann