Systemisch coachen mit Persönlichkeitsanteilen

Innere Dynamiken verstehen, Balance finden, Selbststeuerung stärken

Autor:  Reinhard Kotter  |  Verfasst am 14.07.2025  |  Kommentare: 0

Wofür gibt es „innere Anteile“?

Es gibt nicht wirklich „Persönlichkeitsanteile“. Was es gibt, sind Programme, Funktionen und strukturelle Einheiten in unserem psychischen System. Die sind in Therapie und systemischem Coaching aber nicht direkt erreichbar oder steuerbar.
Wenn wir jedoch diese Programme personalisieren, die Funktionen einem Anteil zuschreiben, diesem Anteil in unserer Imagination eine Gestalt geben – damt gewinnen wir einen „Kommunikationspartner“.
So können wir uns ansonsten unbewusst-automatische Prozesse bewusst machen und auf diese Funktionen einwirken und „Aufträge“ erteilen.
Dafür setzt man seit langem bekannte und bewährte Trance-Techniken ein, mit denen diese autohypnotische Verbindung zum unbewussten System hergestellt werden kann.




Konflikte im inneren System

Jeder Mensch kennt innere Konflikte. In diesen scheint es so, als würden in uns selbst verschiedene Stimmen, Interessen, Impulse, Ideen oder Bedürfnisse Schachbspiel, symbolisch für inneres Team, Bild von Zvzizmi. pixabay gegeneinander stehen, miteinander konkurrieren oder sich sogar wechselseitig behindern oder blockieren. Goethes Faust klagt über innere Zerrissenheit. die „zwei Herzen in seiner Brust“. Dabei können noch deutlich mehr als nur 2 Anteile miteinander streiten. Tatsächlich nehmen wir nur einen kleinen Teil dieser internen Probleme bewusst wahr, oft spüren wir nur eine innere Unruhe, Unwohlsein, ein Gefühl von Unentschlossenheit, Verwirrung, Stillstand usw. Das kann uns hilflos machen, Frustration, Erschöpfung oder Wut erzeugen, ohne dass wir wissen, was genau in uns vorgeht.

Tatsächlich sind Konflikte im „Inneren Team“, in dem diese Persönlichkeitsanteile verbunden sind, eher die Ausnahme. Jeder Anteil hat seine eigenen Aufgaben. und Funktionen zu erfüllen. Probleme gibt es dann, wenn die „Zuständigkeiten“ unklar sind, die Ressourcen knapp oder die Prioritäten unklar sind, kurz gesagt, wenn die innere Organisation nicht optimal ist und strukturelle Systemstörungen vorliegen.
Ansonsten leistet das Innere Team eine Fülle von Aufgaben parallel und bewältigt in einem pausenlosen Prozess ein gewaltiges Arbeitspensum, völlig automatisch, geräuschlos, und unmerklich. Funktionale Störungen erkennen wir dann an den Symptomen, den oben genannten unangenehmen Empfindungen …




Funktion der Anteile

Aus systemischer bzw. konstruktivistischer Sicht hat unser Gehirn für verschiedene Lebenssituationen, Aufgabenstellungen und Kontexte unterschiedliche Bewältigungsprogramme. Für diese kann man sich verschiedene Repräsentanten vorstellen und Teilpersönlichkeiten gestalten. Das hat den Vorteil, dass diese Anteile dann miteinander kommunizieren können und als Interessenvertreter für die unterschiedlichen Positionen stehen können. Diese Anteile können dann Wünsche äußern, Bedürfnisse nennen, diskutieren und Lösungswege vorschlagen.
Wenn dem Coachee klargemacht wird, dass jeder dieser Anteile die positive Absicht hat, auf seine Art der Gesamtpersönlichkeit zu dienen, und das höchste systemische Ziel immer Ausgleich und Balance lautet, dann sind diese Anteile motiviert, sich zu einigen und eine für alle stimmige Lösung zu finden.




Das Innere Team

Schulz von Thun nennt das System der inneren Anteile passenderweise das „Innere Team“. Tatsächlich gibt es zwischen Gruppen- und Teaminteraktionen in der äußeren Welt und denen im Inneren strukturell und im lösungstechnischen Vorgehen kaum relevante Unterschiede.
eam alle Hände miteinander verbunden, Bild von Freepick Die Persönlichkeitsanteile gestaltet jeder Coachee ganz individuell verschieden. Es gibt aber typische Repräsentanten wie etwa den Kritiker, den Kreativen Anteil (Träumer), den fürsorglichen Anteil, das innere Kind, den Erwachsenen oder den weisen Ratgeber, den Realisten, den Beschützer usw.

Jeder Anteil hat seinen Aufgabenbereich und spezifische Qualitäten und Kompetenzen. Für ausgewogene Lösungen ist es von Bedeutung, dass jeder Anteil respektiert wird und sich mitteilen darf.
Ein Anteil kann im inneren Team auch als „Vermittler“ auftreten und Lösungsideen anbieten. Dafür wird gerne der kreative Anteil eingesetzt.
Das Coaching mit Persönlichkeitsanteilen ist ein Konzept, das Menschen helfen kann, tiefe innere Prozesse verständlich zu machen, Aspekte der eigenen Persönlichkeit zu entdecken und wertzuschätzen und zu erleben, wie innerer Ausgleich funktioniert und sich Selbstwirksamkeit entwickelt. Diese Methodik ist ein wichtiges Tool zur Selbststeuerung und Selbstbestimmung und zur persönlichen Entwicklung.

Die Teilearbeit sollte zunächst von einem dafür qualifizierten Coach geleitet werden, da dafür spezielle Interventionen und Trancezustände genutzt werden. Haben Coachees solche Prozesse bewusst erlebt und Wirkungen und Ergebnisse positiv bewertet, können sie diese Techniken auch im Selbstcoaching einsetzen.